DreylandDichterweg

Paula Hollenweger

1900–1980, Feldberg (Müllheim)

Leim

E Hampfle Dreck, in mynere Hand,
So warme geele Leim,
Drin inne Sege bis an Rand,
Mit Chräfte starch un gheim.

Us so me Schübel weiche Leim
Schafft Gott, was lebig isch,
Er nümmt s in d Hand un modlet eim,
Sy Ode chuucht, de bisch.

Am End Sy Ode wider chuucht –
Was worde n us em Leim,
Was Lebe gha het, isch verbruucht
Un zletscht im Leim deheim.

Aus: Markgräflerland, du Land am Rhii, 1965

Hampfle: Handvoll
geele: gelber
Leim: Lehm
Schübel: Ackerscholle, Brocken
modlet: formt
eim: einen
Ode: Atem
chuucht: haucht

Die Schöpfungsgeschichte in die Heimat geholt: Mensch, aus Lehm bist du und zu Lehm wirst du wieder.

 

Die Heimatverbundenheit Paula Kromer Hollenwegers spiegelt sich in all ihren Werken wider, vor allem das Gedicht "Markgräflerland" macht den Leser ihre große Liebe zur Region deutlich. Wie kaum eine andere rühmt Hollenweger die Landschaft und Natur ihrer Heimat.

Wer chennt das Land vum Schwarzwald bis an Rhii
mit Wälder, Wasser, Weide, Wild und Wii,
wu d Gärte blüeihe, Rose stöhn am Hag
wu d Mensche guet un treu, Markgräflerschlag?

Das liebli Land,wu so vil Freude git
im Rhiichnü wie ne Paradies dolit,
es schenkt eim alles das,was lebenswert,
un was e Menscheherz sich wünscht und gehrt

(Auszug aus dem Gedicht Markgräflerland – Paula Hollenweger)

Ihre Sichtweise ist nicht die einer studierten Poetin, sondern die einer einfachen Bäuerin, einer typischen Markgräflerin. Vielleicht macht gerade das ihre Werke zu etwas ganz Besonderem.

Paula Hollenweger wurde am 3. Oktober 1900 imMüllheimer Ortsteil Feldberg, als Älteste von vier Kindern geboren. Früh wurde ihre dichterische Begabung von Pfarrer und Lehrer entdeckt und gefördert.

Auch nach der Heirat mit Landwirt Wilhelm Kromer 1921, widmete sie sich in späten Abendstunden ihrer Leidenschaft und verfeinerte ihre Fähigkeiten.

Trotzdem war es nicht einfach neben Familie und Arbeit dem Schreiben und der Heimatforschung nachzugehen. Während des zweiten Weltkriegs war sie für beide Töchter und Hof allein verantwortlich. Ihr Ehemann starb 1945 durch einen tragischen Unfall, deshalb wurde der landwirtschaftliche Betrieb aufgelöst.

Ihre Liebe zum Bauerntum und zur Landschaft behielt sie nichtsdestotrotz bei. Während der neu gewonnenen Zeit widmete sich Hollenweger nun auch ihrem forschenden Interesse gegenüber der Geschichte. Sie begann Wörter, Sprichwörter, Redensarten, Sagen und Brauchtum schriftlich festzuhalten, um dem Verschwinden von Sprache und Tradition tatkräftig entgegenzuwirken. In Gedichten thematisierte sie weiterhin vor allem die Natur- und Kulturlandschaft, das Leben im Dorf, die menschlichen Werten und die Hoffnungen der Menschen.

Im Jahre 1965 erschien ihr erster alemannischer Gedichtband Markgräflerland du Land am Rhii, dieser sollte für sie einen neuen Lebensabschnitt darstellen. Es folgten weitere Publikationen. So veröffentlichte sie im Jahre 1967 die Feldberger Chronik, ein weit gespannter Beitrag von der Vorgeschichte bis in die Gegenwart. Es folgte 1975 das Werk Us em Örgli mit Zeichnungen ihres Freundes Julius Kibiger.

Ihr Werk Brot und Wein vom Oberrhein, mit hochdeutschen Erzählungen und alemannischen Beiträgen, gab der Frenzel Verlag dann fünf Jahre später heraus. Zu guter Letzt war es Paula Hollenweger vergönnt wenige Tage vor ihrem 80.Geburtstag ihr viertes Buch Sagen vom Oberrhein dem Publikum zu präsentieren.

Nicht zu vergessen sind aber auch ihre vielen Mundartspiele, die zum Teil im „Mundart-Theater-Archiv“ des „Bundes Heimat und Volksleben“ aufgenommen wurden. Darüber hinaus dienten ihre Gedichte als Grundlage für zahlreiche Volkslieder. In Sendungen des Süddeutschen Rundfunks Stuttgart berichtete Paula Hollenweger außerdem von ihren heimatkundlichen Forschungen.

Durch ihren literarischen Erfolg wurden ihr einige Ehrenmitgliedschaften von Heimatvereinen verliehen. Ihre größte Ehrung erfuhr sie an ihrem 80. Geburtstag, an dem ihr vom Freiburger Regierungspräsident Norbert Nothhelfer das Bundesverdienstkreuz überreicht wurde.

Rund drei Wochen später starb Paula Hollenweger am 22.Oktober 1980. Doch Hollenweger blieb alles andere als vergessen, sowohl an ihrem 90. als auch an ihrem 100. Geburtstag fanden Gedenkfeiern statt. Überdies eröffnete ihr Enkelsohn Hans-Dieter Schmid anlässlich ihres 100jährigen Jubiläums das Feldberger Dichterwegli mit Gedichten Markgräfler Mundartdichter.

Mein Herz sei still

Mii Herz bisch still,
bisch still,
nit alles, was me will
cha sii.
S chunnt so wies mueß,
tuesch di au wehre,
au du muesch mänks
im Lebe lehre,
s mueß sii.

aus: Us em Örgeli, 1975

Spruch

Mer saaje un mer erne,
Mer siibe, werde gsibt,
Vum Sprüüer falle d Cherne,
Guet isch, was übrig blibt.